Kreisgruppe Kiel

Presseerklärung gemeinsam mit NABU vom 27.2.17

Bauwahn oder Zukunftsplanung

BUND und NABU kritisieren mangelhafte Einbindung von Bürgern, Verbänden und Fachkonzepten bei der Erstellung des Wohnbauflächenatlas. Nach Bewertung der Umweltverbände fehle dem Atlas die nötige stadtplanerische Qualität, um den verschiedenen Nutzungsansprüchen in der Stadt gerecht zu werden. NABU und BUND fordert insbesondere die Veräußerung von Flächen im städtischen Besitz an klare,  ambitionierte Kriterien zu knüpfen und das Tafelsilber der Stadt nicht leichtfertig an Investoren zu verkaufen.

 „Momentan sieht der Wohnbauflächenatlas nach blankem Aktionismus ohne Konzept aus. Bauen, Bauen, Bauen ohne Nachzudenken“, so Tobias Langguth vom BUND-Landesverband. „Es fehlt augenscheinlich ein Bewertungsmaßstab, der über das reine Zeitfenster und die damit verbundene Verfügbarkeit hinausgeht. Keine erkennbare Abstimmung mit Landschaftsplan oder Flächennutzungsplan sowie dem integrierten Stadtentwicklungskonzept (INSEKK), freiräumliches Leitbild oder Nachhaltiges Flächenmanagement (FNK). Es scheint keinen Austausch mit den Machern des Masterplans Mobilität für die Region Kiel oder des Masterplans 100% Klimaschutz zu geben, ebensowenig wie mit den Umlandgemeinden“, kritisiert Langguth weiter.

 Der zweiteilige Wohnbauflächenatlas wurde im Sommer letzten Jahres erstellt und teilweise (öffentlicher Teil) in den entsprechenden Ortsbeiräten vorgestellt, nachdem er von den Fraktionen der damaligen Kooperation vorgesichtet worden war. Er enthält zurzeit Flächen für rund 9.500 Wohneinheiten. Eine breite Diskussion mit den Bürgerinnen und Bürgern über eine Gesamtplanung für Kiel als wachsende Stadt hat nicht öffentlich stattgefunden.

 Hartmut Rudolphi vom NABU Kiel fordert daher: „Die im Bauflächenatlas aufgeführten Flächen müssen einem stadtplanerischen Qualitätscheck unterworfen werden, der Kriterien beinhaltet wie Zukunftsfähigkeit in Bezug auf Nahinfrastruktur und Nahmobilität, Bodenschutz/Versieglung, Grünachsen- und Luftschneisenerhalt und Lebensqualität vor Ort. Dieser Qualitätscheck muss transparent durchgeführt werden und für alle Bürger*innen nachvollziehbar veröffentlicht werden.“

 Die Notwendigkeit für eine Ausweitung der Bauaktivitäten basierte vor allem auf aktuellen Bevölkerungsprognosen von bis zu 20.000 zusätzlichen Einwohner*innen. Diese dürften nach Ansicht der Umweltverbände zudem nicht unkritisch betrachtet werden: Sie würden auf vereinfachenden Annahmen basieren, die Aktivitäten von Nachbargemeinden nicht einberechnen und hätten schon in der Vergangenheit falsch gelegen.

„Was aktuell fehlt, sind ja bekanntermaßen Wohnungen im unteren Preissegment, die eher einfacher sind. Die Stadt bedient mit der aktuellen Planung jedoch unverändert vor allem Investoren, die an hochpreisigen Wohnungen als Geldinvestition interessiert sind sowie Umlandbewohner*innen. Auch die hohe Anzahl an geplanten Einfamilienhäusern steht im Widerspruch zu der vorhandenen Flächenknappheit“, erläutert Ulrike Hunold von der BUND-Kreisgruppe. „Städtische Flächen sollen nur noch nach Ermittlung der Konzeptqualität eines Bauprojektes verkauft werden. Der Verkaufspreis darf hier nur eine untergeordnete Rolle spielen. Gedeckelte Mietpreise und ökologische Kriterien wie zukunftsgewandtes Bauen, gemischte Wohnformen, Förderung von Nahmobilität und Nahinfrastruktur müssen deutlich höher bewertet werden“, so Hunold abschließend.