Kreisgruppe Kiel

Positionspapier der Kieler Naturschutzverbände

zur Stadtteilplanung Kieler Süden

 

BUND-Kreisgruppe Kiel e.V, Naturschutzbund Deutschland, Ortsgruppe Kiel, Arbeitsgruppe Fledermausschutz und Fledermausforschung Kiel

Die Stadt Kiel plant im Süden des Stadtgebietes vier neue Baugebiete mit einer Gesamtgröße von 453.346 m² bzw. 45,3 ha* für rund 10.000 Einwohner. Damit würde zwischen „Alt“-Meimersdorf und Neumeimersdorf ein komplett neuer Stadtteil entstehen. Hinsichtlich der Planungen vertreten die Kieler Naturschutzverbände die folgenden Positionen:                                                                                  * Zahlen des Kieler Baulandkatasters

 Position 1: Die Planungen im Kieler Süden gehen alle Kieler BürgerInnen an!

  • Schon die Entwicklungen der letzten Jahre haben zu einer Bevölkerungswanderung innerhalb Kiels vorrangig in den Süden oder nach Suchsdorf geführt. Durch die fehlgesteuerte Stadtplanung der vergangenen Jahre drohen Stadtteile mit bestehender guter Infrastruktur zu überaltern bzw. sind vom Wegzug betroffen trotz ausreichender Kita- und Grundschulplätze sowie vorhandener Einkaufs- und Verkehrsinfrastruktur. 
  • Im Süden muss diese Infrastruktur erst von Grund auf neu geschaffen werden und belastet die Kieler Haushaltssituation durch den Neubau und die Unterhaltung merklich.
  •  Deshalb darf eine Planung solchen Ausmaßes nicht nur lokal im Ortsbeirat Meimersdorf/Moorsee bzw. in einer nur im Umfeld beworbenen Planungswerkstatt bekannt gemacht werden, sondern muss zum gesamtstädtischen Thema werden

 Position 2: Die Bevölkerungsprognosen müssen kritisch betrachtet werden!

  • Die Stadt Kiel nutzt ProPlanGIS als Studie für die Wachstumsprognose. Das Statistische Amt für Hamburg und Schleswig-Holstein kommt bei der 12. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung 2011 (12. KBV) ebenso wie die Studie der Bertelsmann-Stiftung aber zu anderen Ergebnissen
  • In die Bevölkerungsprognosen der Stadt spielt die zukünftige Wirtschafts- und damit Arbeitsplatzsituation nicht mit hinein.
  • In Nachbargemeinden wie z.B. Kronshagen, Heikendorf, Altenholz oder Melsdorf werden parallel zu Kiel ebenfalls neue Wohngebiete geschaffen. Diese werden bei der Kieler Wohnbauplanung gleichfalls nicht berücksichtigt.
  • Die meisten bundesweiten Studien rechnen auf Bundesebene mit einem deutlichen Bevölkerungsrückgang spätestens ab 2025-2030 aufgrund der Überalterung der Gesellschaft.
  • Aufgrund dieser Unwägbarkeiten muss eine Bebauungsplanung behutsam und schrittweise erfolgen.

Position 3: Planung mit gesamtstädtischen Zielen!

  • Die Zahlen der vergangenen Jahre als auch die Prognosen zeigen, dass es Abwanderung in einigen Stadtteilen gibt und weiterhin geben wird. Das bedeutet freiwerdenden Wohnraum.
  • Erhebliche Wohnungsbauplanung findet z.B. auch auf dem MFG5-Gelände statt.
  • Anstatt neue Stadtteile auf der „Grünen Wiese“ mit allen finanziellen Risiken und ökologisch negativen Folgen zu planen, sind vielmehr die bestehenden Stadtteile so zu entwickeln und aufzuwerten, dass die prognostizierte Abwanderung dort wirkungsvoll unterbunden und damit der bereits vorhandene Wohnraum genutzt wird. Die Entwicklung und Aufwertung vorhandener Stadtteile ist vorrangig.
  • Verschiedene Bevölkerungsprognosen rechnen mit einem Wachstum der Kieler Wohnbevölkerung v.a. junger Menschen, die hier studieren oder sich ausbilden lassen wollen. Diese Menschen brauchen meist günstigen Wohnungsraum vorzugsweise in der Nähe zu den Bildungseinrichtungen wie Universität, Fachhochschule, Muthesiusschule oder regionalen Bildungszentren, d.h. also nicht im Kieler Süden.
  •  Es gilt, neue Eingriffe zu minimieren und den Haushalt nicht über Gebühr durch Schaffung neuer Infrastruktur und deren fortdauernde Unterhaltung zu belasten. Bereits die bestehende Infrastruktur ist in einem äußerst kritischen baulichen Zustand (z.B. Straßen, Kanalsystem, Schulgebäude- und andere öffentliche Einrichtungen), und es gelingt der Stadt schon kaum, das Bestehende in einem funktionsgerechten Zustand zu erhalten.

 Position 4: Der Kieler Süden ist ein schützenwerter, vielfältig kleinstrukturierter Landschaftsraum

  • Das Freiräumliche Leitbild Kiel und Umland* bewertet die Meimersdorfer Hänge/Solldieksbach und die Meimersdorfer Koppeln als hochwertiger, strukturreicher hügeliger Moränenbereich mit ausgeprägtem Knicknetz und sieht als Entwicklungsziel den Erhalt und Entwicklung der hochwertigen Biotope und des Strukturreichtums.
  • Die Meimersdorfer Hänge sind inzwischen weitgehend überbaut. Um so wichtiger ist der Erhalt der noch bestehenden kleinstrukturierten Bereiche, insbesondere der Knicks, Redder, Kleingewässer sowie der Bereiche in der Nähe zur Moorseeniederung und zum Eidertal hin.
  • Diese noch vorhandenen Flächen sind auch für die Kieler Bevölkerung als Naherholungsraum von großer Bedeutung. Ein möglicher Verlust dieses Landschaftsraumes und seiner überwiegend geschützten Landschaftsbestandteile kann nicht durch Renaturierungen an anderer Stelle, z.B. im Moorseebecken, ausgeglichen werden. Maßnahmen, die noch dazu oftmals nicht betreten werden können oder so weit weg vom Ort des Eingriffes liegen, dass sie den eigentlich Betroffenen - Bürgern wie Flora und Fauna - nicht zu Gute kommen. Der Bereich im Süden Kiels ist einer der letzten verbliebenen zusammenhängenden freien Landschaftsräume auf Kieler Stadtgebiet.
  •  Eine weitere Zerschneidung dieser wertvollen, offenen Landschaft muss unbedingt vermieden, und sofern unvermeidlich, dann auf ein absolutes Minimum beschränkt werden!

*Das Freiräumliche Leitbild wurde 2007 erstellt. Dabei werden vorhandene Grünräume als Basis für eine nachhaltige Entwicklung des Wirtschaftsstandortes Kiel gesehen. Als Ausgleich für Freizeit und Erholung ist es von herausragendem Stellenwert für die hier lebenden Menschen. Die einzelnen Bereiche wurden unterschiedlich bewertet. Das hier betroffene Gebiet ist einer von 17 für Kiel hervorgehobenen und als besonders schützenswert erachteten Landschaftsteilen. Das Leitbild hat bei jeder Bewertung eines Bauvorhabens Berücksichtigung zu finden.

Fazit

Die Baugebiete sollten so eng wie möglich begrenzt werden und v.a. angrenzend an vorhandene Bebauung geplant werden

  • WBA1 ist der ökologisch wertvollste Bereich (da nahe am Eidertal gelegen und angrenzend an Extensivflächen im Nordwesten) Da er den noch vorhandenen weiten Grünkorridor zu den ökologisch sehr wertvollen Flächen der Eiderniederung, der Poppenbrügger Au, des NSG Schulensee, des Meimersdorfer Moores bis hin zum Vieburger Gehölz und in die stadtnahen Bereiche hinein sicherstellt, ist dieser Bereich von Bebauungen unbedingt und mit höchster Priorität freizuhalten. Zudem halten wir die Verkehrsanbindung dieses groß geplanten Bauabschnittes an die Neue Hamburger Straße für problematisch. Die Brücke über die Bahnlinie sowie die bestehende Straße sind für die zu erwartende Verkehrsmenge nicht ausgebaut. Hier wären weitere starke Eingriffe für die verkehrstechnische Erschließung zu erwarten. Es ist weiterhin zu befürchten, dass der Meimersdorfer Weg, der durch ein ökologisch besonders wertvolles Gebiet führt, als Schleichweg und Querverbindung zur Hamburger Chaussee deutlich mehr genutzt wird als heute.
  • WBA2 und 3 sollten, falls sie überhaupt notwendig werden, aufgrund ihrer Nähe zum Moorsee anders strukturiert werden. Wir schlagen einen WBA2a vor, der hälftig aus den nördlichen Abschnitten vom 2 und 3 besteht, damit der Abstand zur Moorseeniederung vergrößert wird. Dieser neue Bereich WB2a ist aber nur als Reserve zu betrachten.
  • WBA4 ist in unseren Augen der Bereich, der sinnvollerweise als erstes zu bebauen wäre: Er grenzt unmittelbar an schon überbautes Gelände an und wäre durch bestehende Straßen (Bustorfer Weg) gut zu erschließen.
  • Eine weitergehende Bebauung über WBA4 darf u.E. zurzeit nicht fest eingeplant werden.

 Es muss ein Gesamtkieler Wohnungskonzept vorgelegt werden: Dieses soll den vorhandenen Bestand sichern und wieder attraktiv machen.

Quellen: